Spiegellose Kameras verfügen über mehrere Vorteile gegenüber den eher bekannten DSLRs von Nikon, aber es gibt auch ein paar Nachteile. Es ist wichtig, die Spezifikationen der Kameras zu beachten, aber auch, jedes fotografische System als Ganzes.
Nikon war in den letzten über 50 Jahren ein vertrauter, zuverlässiger Name in der Fotografie, aber bis heute wurde noch keine APS-C spiegellose Kamera für Amateure und Profis produziert. Sony ist, andererseits, noch relativ neu am Fotografie-Markt und ihr Fokus auf Innovation hat sie mit ihrer a6000-Serie an spiegellosen Kameras zu einem Marktführer in den letzten Jahren gemacht. Sollte man sich aber eine solche zulegen, oder aber besser bei der bewährten Marke Nikon bleiben?
Die a6400 ist das aktuellste Modell von Sony mit ausgezeichneten Geschwindigkeiten, großartigen Videofähigkeiten und einem spektakulären Autofokus-System. Das Ganze kostet 1049 EURO. Die D5600 Von Nikon ist mittlerweile schon über ein Jahr alt, aber das aktuellste Modell der Serie, mit einem ausgezeichneten Sensor und einfachen Bedienmöglichkeiten und sie kostet weniger als 619 EURO.
Beginnen wir damit, einen Blick auf die größten Unterschiede zwischen den beiden zu werfen. In den weiter untenstehenden Tabellen gelten die grün markierten Einträge als besser (wobei man bedenken muss, dass „besser“ manchmal subjektiv sein kann). Ich habe auch die Spezifikationen für die teurere Nikon D7500 integriert.
Die größten Unterschiede
Die meisten der großen Dinge sind ziemlich offensichtlich: Für Sport und Action schießt die Sony mehr als doppelt so viele Frames pro Sekunde als die Nikon, außerdem können RAW-Bursts von 46 Frames im Vergleich zur Nikon 6 geschossen werden. Das ist ein ziemlich dramatischer Unterschied. Die Sony verfügt auch über mehrere hundert mehr Autofokus-Punkte, mit denen gearbeitet werden kann und da sie spiegellos ist, kann sie menschliche und tierische Gesichter (und Augen) erkennen, sodass man den Fokus besser daraufhin abzielen kann, wo man ihn haben möchte.
Wenn man ein Video aufnimmt, kann die Sony in einer Auflösung von 4K aufnehmen und das mit voller Autofokus-Geschwindigkeit und Tracking, während die Nikon nur 1080p mit einem langsamen, Kontrasterkennungs-Autofokus.
Natürlich sind die Gehäuse, da die Nikon D5600 eine DSLR und die Sony spiegellos ist, unterschiedlich: Die Sony verfügt oben über keine Prism-Box, um den optischen Bildsucher zu füttern. Anstatt dessen verfügt das gerät über einen elektronischen Bildsucher (EVF). Während viele Fotografen die Idee hinter einem EVF nicht mögen, bietet das Modell von Sony ein größeres, breiteres Bild des Bildsuchers, als die Nikon, sowie eine Abdeckung des kompletten Sensors.
Was die Spezifikationen betrifft, verfügt die Sony a6400 über einen dramatischen Vorteil gegenüber der D5600 und trifft oder übertrifft sogar die D7500 in vielen Belangen.
Die Sensoren
Beide Kameras verfügen über einen Sensor mit 24 Megapixel und auch, wenn Sony aus Marketinggründen angibt, dass der höchste native ISO-Wert 32000 ist, gibt es keinen nennenswerten Unterschied zwischen diesem Wert und den 25600 der Nikon. Beide verfügen über eine ausgezeichnete, dynamische Reichweite.
Der Sensor der Nikon verfügt über keinen optischen Low Pass-Filter (OLP, Tiefpassfilter), was das Potenzial gibt, schärfere Bilder zu liefern. Auf jeden Fall konnten wir in unseren Tests absolut keine Schärfe-Vorteile mit der D5600 feststellen (wenn man die feinen Details betrachtet, die mit einem Stativ auf f/5.6 geschossen wurden). Aufgrund der so hohen Dichte der Rezeptoren im Sensor und dem schmäleren APS-C Sensor (was in über 50 Megapixel auf einem Full-Frame Sensor resultieren würde), wären nur Linsen mit der höchsten Auflösung in der Lage, wenigstens annähernd genügend Auflösung zur Verfügung zu stellen, um die beiden auseinanderhalten zu können.
Letztendlich erspart das Entfernen der OLP von den Nikon-Sensoren dem Unternehmen viel Geld in der Produktion der Sensoren, aber auf dieser Auflösung bringt das keine klaren Leistungs-Vorteile.
Autofokus
Für die gelegentliche (oder sogar ernsthafte, professionelle) Nutzung verfügen beide Kameras über ausgezeichnete Autofokus-Systeme. Das AF-Modul der Nikon stellt großartiges Tracking und Fokus-Geschwindigkeiten für alles, von Sport und Wildlife über Portraits bis hin zu Landschaften, zur Verfügung.
425 Phasendetektor-Autofokus-Punkte decken die große Mehrheit des Bildsuchers der Sony a6400 ab, während nur der mittlere Bereich der Nikon abgedeckt wird. Man sollte beachten, dass die AF-Punkte auf der Sony für gewöhnlich nicht sichtbar oder grün sind.
Damit gibt es ein paar große Vorteile, die spiegellose Kameras zu bieten haben. Anstatt nur zu ermitteln, welche Linien scharf sind, kann eine spiegellose Kamera den Inhalt eines Schnappschusses lesen: Sie wird Gesichter erkennen und Gegenstände identifizieren, die verfolgt werden sollen, was bedeutet, dass man in jedem Portrait immer einen scharfen Fokus auf den Augen der Zielperson liegen und auch eine bessere Chance hat, einen sich bewegenden Athleten in einer überfüllten Umgebung im Visier zu behalten. Das System der a6400 beinhaltet ein signifikantes Update gegenüber älteren Versionen, was es ermöglicht, Gesichter von einer Vielzahl an Tieren (zusätzlich zu menschlichen Gesichtern) zu erkennen und das Ziel bzw. das Gesicht zu verfolgen, auch dann, wenn es zeitweise versteckt oder nicht sichtbar ist.
Ich habe den Großteil meines Lebens mit Canon und Nikon gearbeitet (meine erste Canon habe ich schon 1991 gekauft), bevor ich größtenteils zu Sony übergelaufen bin. Die Gesichtserkennung und das Augen-Fokussierung war die erste Veränderung seit Jahrzehnten, die in der Art, wie ich arbeite, eine signifikante Verbesserung erwirken konnte.
Als ein komplettes System betrachtet
Wenn man sich eine neue Kamera zulegt, ist es extrem wichtig, das Gehäuse der Kamera nur als einen Teil eines Systems aus Equipment zu sehen, das auch Linsen, Blitze und Licht, Auslöser und andere Zubehörteile beinhalten kann.
Qualität der Linsen und Möglichkeiten
So ausgezeichnet das Gehäuse der spiegellosen Kamera von Sony auch gestaltet ist, die Gesamtmöglichkeiten der Linsen sind im Vergleich zu der Nikon-Kamera sehr bescheiden. Die Wahrheit ist, dass die Linse, die man auf der Kamera benutzt, wohl wichtiger ist, als das Kameragehäuse selbst.
Eine unvollständige Sammlung der eigenen E-Mount Linsen A 400 f/2.8 von Sony ist jetzt erhältlich, neben einem Zoom von 100-400.
Sowohl Sony als auch Nikon verfügen über ausgezeichnete Sammlungen an Linsen für ihre Full-Frame-Kameras, aber die APS-C Linsen-Reihe von Sony ist äußerst mangelhaft, was Wahlmöglichkeit mit professioneller Qualität betrifft: Es gibt keine f/2.8-Zooms für APS-C, auch, wenn es ein paar annehmbare f/4-Modelle gibt. Um die Sony als professionelles Werkzeug bezeichnen zu können, würde ich noch eine 24-70 f/2.8 oder etwas ähnliches benötigen… So etwas wie eine 16-50 f/2.8, auch, wenn ich mich eher für eine 17-55 f/2.8 entscheiden würde (die für Nikon leicht erhältlich und verfügbar sind, darunter auch Produkte von Sigma und Tamron). Außerdem kann Nikon Linsen wie die Tokina 11-18 f/2.8 oder sogar die Sigma 18-35 f/1.8 nutzen. Es gibt einfach keine gleichwertige Linse, die momentan für die Sony erhältlich ist.
Andererseits verfügt Nikon über eine große Reichweite an für APS-C optimierten Linsen, darunter auch Primes und Weitwinkel-Zooms und die Nikon APS-C Gehäuse sind mit ihrer kompletten Produktpalette an Super-Telephoto-Linsen kompatibel, wenn man eine für eine Safari oder einen besonderen Auftrag mieten möchte.
Die Prime-Linsen von Sigma in 56 mm, 16 mm und 30 mm f/1.4 für die Sony E-Mount sind optisch ausgezeichnet.
Natürlich können auch Sony-Nutzer Full-Frame-Linsen nutzen und das gilt wahrscheinlich auch für Telephotos und Primes in Portrait-Länge. Sigma hat E-Mount Linsen vorgestellt und macht nun ein paar nette Primes für APS-C. Das 18-135 mm Zoom-Kit von Sony ist ebenso eine gute, stabile Linse für ihre f/4-Zooms.
Wenn man all die verfügbaren Linsen vergleichen würde, würden wir den Rahmen dieses Artikels um ein Vielfaches sprengen, sollte man sich aber dafür entscheiden, seinen Weg mit Sony zu gehen, so sollte man sicherstellen, dass die Linsen, die man nutzen möchte, auch verfügbar sind.
Die kleinen Blenden, die mittelmäßige optische Qualität und die spielzeugartige Verarbeitungsqualität der Sony 55-210 f/4.5-6.3 Kit-Linse flößt in den es ernst nehmenden Fotografen kein Vertrauen ein. Um aber fair zu bleiben: Dasselbe kann auch über die günstigsten Linsen aus dem Hause Nikon gesagt werden.
Blitz-Features und Möglichkeiten
Was die Blitzfotografie betrifft (was für Portrait- und Produktfotografen sehr wichtig ist), so gibt es ein paar wichtige Berücksichtigungen für jedes Kamerasystem.
Im Allgemeinen verfügt Nikon über einen höheren Sync-Speed für den Standard-Blitz (1/200 Sekunden vs. 1/160), aber die Nikon D5600 bietet keinen High-Speed-Sync (die Sony kann mit High-Speed-Sync bis zu 1/4000 synchronisieren). Weiter noch, die Nikon kann den Pop-up-Blitz nicht verwenden, um Off-Camera Blitzeinheiten, während die Sony das kann, wenn auch die meisten Leute die funkgesteuerten Blitze sowieso bevorzugen.
High-Speed-Sync mag vielleicht nicht nach einer großen Sache aussehen, wenn man den Blitz sowieso nicht so viel nutzt, aber es ist eine große Sache. Wenn man über eine Prime-Linse mit großer Blende verfügt, draußen Portraits schießt und Fill-Flash oder Kontur-Flash nutzen möchte, so wird die Geschwindigkeit des Verschlusses fast sicher die Marke des 1/200 Sekunden Sync-Speed übertreffen, was dazu führt, dass man die Blende reduzieren muss, was den Zweck einer großen Prime-Blende außer Gefecht setzt. Wenn man sowieso nie große Primer oder Blitz verwendet, wenn man draußen Fotos schießt, dann wird man sich darüber auch keine Sorgen machen müssen
Das Creative Lighting System (CLS) von Nikon ist vermutlich das renommierteste und am weitesten fortgeschrittene Speedlight-System am Markt, welches eine große Menge an Flexibilität und Anpassbarkeit bietet, auch, wenn es noch eine steile Lernkurve zu bewältigen gibt. Hinter den eigenen Blitzen von Nikon macht gefühlt jeder Drittanbieter, der Produzent von Stroboskop-Equipment ist, Auslöser für Kameras von Nikon und es gibt dutzende Unternehmen da draußen, die Speedlights mit einer Nikon-Halterung produzieren.
Vor nur einigen wenigen Jahren waren die Möglichkeiten von Sony stark eingeschränkt, heute hat das Unternehmen die Konkurrenz von Nikon aber eingeholt. Zusätzlich zur hauseigenen Reihe an Speedlights mit integrierter Fernsteuerung aus dem Hause Sony sind die Stroboskope und Monolights des sehr namhaften Herstellers Godox ebenfalls mit den Kameras von Sony kompatibel, so wie auch die meisten anderen Hauptmarken von Blitzen und Stroboskopen.
Die Zukunft
Sony ist im Moment das einzige Kamera-Unternehmen, welches spiegellose APS-C Sensorkameras und spiegellose Full-Frame Sensorkameras mit derselben Linsenhalterung produziert. Wenn man sich jetzt eine a6400 kauft und sich dann entscheidet, in der Zukunft eine Sony A7III zu kaufen, wird feststellen, dass alle Linsen darauf passen (wenn auch nur im APS-C-Modus, solange man Full-Frame-Linsen kauft).
Die spiegellosen Full-Frame Kameras von Nikon sind Z-mount und bis dato wurde noch keine spiegellose APS-C Kamera entwickelt (ihre DSLRs sind F-mount). Canon hat eine vollkommene Unordnung, was die Halterungen betrifft: EF für DSLRs, R für spiegellos und Full-Frame und M für spiegellos und APS-C.
Das ist insofern wichtig, weil spiegellos auf jeden Fall zukunftsweisend ist. Canon und Nikon haben beide vor Kurzem spiegellose Full-Frame Reihen vorgestellt (weil die spiegellosen Full-Frame Kameras von Sony begonnen haben, höhere Verkaufszahlen aufzuweisen, als die eigenen DSLRs) und beide expandieren sehr schnell. Innerhalb eines Jahrzehnts werden DSLRs vermutlich ebenso verschwinden wie Filmkameras.
Solange wir aber über die Zukunft sprechen, ist es wichtig, zu erwähnen, dass die Sony E-mount erheblich kleiner ist, als die Nikon Z-mount, was ein (theoretisches) Limit darüber aufstellt, welche Linsen für die Halterung gebaut werden können (teilweise ultra-große Blenden-Linsen, wie f/1.2 oder größer). Ob das in der echten Welt von Bedeutung sein wird, ist Gegenstand einer Debatte.
Fazit: Welche sollte man nun kaufen?
Letztendendes handelt es sich bei beide Produkten um ausgezeichnete Kameras und die Entscheidung, entweder die eine oder aber die andere zu kaufen, wird zu guter Letzt von den jeweiligen, individuellen Bedürfnissen und Erfordernisse abhängen. Wenn man sich für die Nikon D5600 entscheidet, bekommt man zweifelsohne mehr für sein Geld, während die Sony a6400 eine bessere Performance abliefert und ein bisschen zukunftssicherer ist. Aber es gibt noch ein paar andere Erwägungen:
Man sollte sich die Nikon D5600 kaufen, wenn:
- Geschwindigkeit nicht wichtig ist, aber die höchstmögliche Auflösung verlangt wird (und auch dementsprechend hochauflösende Linsen gekauft werden).
- man bereits über Nikon F-mount Linsen verfügt oder aber Linsen verwenden möchte, die für Sony nicht erhältlich sind.
- man die beste Bildqualität zum niedrigsten Preis haben möchte.
Man sollte sich die Sony a6400 kaufen, wenn:
- man eine Menge an Action schießen möchte und die beste AF und Framerate erhalten will.
- man Videos aufnimmt und dafür eine 4K-Auflösung haben möchte.
- man eine Kamera haben möchte, die mit spiegellosen Full-Frame Linsen kompatibel ist.
- man eine Kamera haben möchte, die klein und leichtgewichtig ist.
- man draußen Portraits knippst und dafür High-Speed-Sync benötigt.
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